Rahmenabkommen – 4 Szenarien

Es zeichnet sich eine dramatische Weichenstellung beim Rahmenabkommen ab. Unser Think Tank legt vier mögliche Szenarien dar, wie es politisch mit dem Rahmenabkommen und der Beziehung Schweiz-EU weitergehen könnte:

Szenario 1: Mit dem Kopf durch die Wand – Unterzeichnung durch Bundesrat

Der Bundesrat unterzeichnet – erstaunlicherweise – das Rahmenabkommen doch noch, mit dem Verweis darauf, dass eine Befürwortung oder Ablehnung durch Parlament und Volk demokratisch legitimiert sein soll. Womöglich können die Schweizer UnterhändlerInnen einige Klärungen ohne Änderungen des Vertragstextes der EU abringen und diese allenfalls sogar als Erfolg werten. Das Parlament würde wohl in diesem Szenario das Abkommen gutheissen und das Volk (und die Stände im Falle eines obligatorischen Referendums) mit grosser Wahrscheinlichkeit ablehnen. Der Bundesrat könnte dabei gegenüber der EU das Gesicht wahren, weil er sich hinter dem Volksentscheid verstecken kann. Das wäre für die Regierung zwar ebenfalls misslich, vom eigenen Volk ein solches Nein zu kassieren, aber es wäre absehbar und antizipiert gewesen.

Szenario 2: Schrecken ohne Ende - Stillhaltevereinbarung

Dem Bundesrat könnte es gelingen, die EU von der innenpolitischen Unmöglichkeit eines Rahmenabkommens zu überzeugen. Ihr könnte eine formelle oder informelle Stillhaltevereinbarung abgerungen werden mit der Abmachung, nach den Schweizer Wahlen 2023 wieder zusammenzusitzen und die institutionelle Einbindung weiter zu diskutieren. Dafürsprechen könnte, dass beide Akteure, Bundesrat und EU, zurzeit sehr stark mit der Bewältigung der Corona-Krise beschäftigt sind, und womöglich noch lange mit den wirtschaftlichen und geopolitischen Folgen der Krise. Neue bilaterale Marktzugangsabkommen werden in diesem Szenario in dieser Zeit keine abgeschlossen, allenfalls werden nach einem Jahr Updates der bestehenden Abkommen durchgeführt. Neue Abkommen sind jedoch im Moment für die Schweiz nicht zentral und die Updates werden mit der Weiterführung der Kohäsionszahlungen begründet.

Szenario 3: Ende ohne Vision – Ab die Post in die EU!

Es könnte durchaus sein, dass der Bundesrat die Übung Rahmenabkommen abbricht. Wenn er dies visionslos tut, werden schon bald ziemlich sicher Stimmen nach einem EU- oder EWR-Beitritt laut. Denn ohne Vision kann und wird der Bundesrat nicht selbstbewusst und mit den richtigen Vorzeichen der EU gegenübertreten. Dies würde zu einer eher längeren Eiszeit zwischen der Schweiz und der EU führen, was Argumente für die Befürworter eines EU- oder EWR-Beitritts stärken würde, jetzt möglichst rasch über die angeblich noch verbleibenden Alternativen zu entscheiden.

Szenario 4: Ende mit Vision – FreihandelsabkommenPLUS

Der Bundesrat könnte zusammen mit den konstruktiven Kräften der Schweizer Wirtschaft und Zivilgesellschaft, die für eine weltoffene, aber souveräne Schweiz einstehen, eine Vision zur Weiterführung des Bilateralismus mit der EU basierend auf dem Freihandelsgedanken entwerfen. Damit könnte der Bundesrat mit einem konkreten Vorschlag noch dieses Jahr auf die EU zugehen und präsentieren, wie ein modernes Freihandelsabkommen nach dem Vorbild CETA mit den bisherigen Bilateralen verbunden werden kann. Dabei sind insbesondere die globale Ausrichtung, sowie die freiheitsrechtlichen, dezentralen und demokratischen Vorteile der Schweiz zu berücksichtigen.


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Kommentare: 1
  • #1

    Robert Nef (Freitag, 26 März 2021 10:24)

    Nr.4,
    Freihandelsabkommen ist der bestmögliche Weg, wobei natürlich die Optionen von Freihandel mit Ländern, die nicht zum EU-Binnenmarkt gehören eine wichtige und zunehmende Bedeutung haben.