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Direkte Demokratie und Naturrecht – Rückblick auf die 4. Wissenschaftliche Tagung des Forschungsinstituts direkte Demokratie

Die 4. Wissenschaftliche Tagung des Forschungsinstituts direkte Demokratie vom 30. September 2017 in Neuenburg NE bot einen reichhaltigen Überblick über das Verhältnis zwischen direkter Demokratie und dem Naturrechtsgedanken einerseits, andererseits auch über die historisch vielfältigen Hintergründe und auch Ausprägungen des Naturrechts. Insbesondere die pointierte Gegenüberstellung von Prof. Dr. Joachim Höfele zwischen einem totalitären Neoliberalismus und dem Naturrecht, welches heute fast gänzlich vernachlässigt werde, vermochte auch einen aktuellen Bezug herzustellen.

Tagung Forschungsinstitut direkte Demokratie

Grundlagen der Naturrechtslehre

Die Naturrechtslehre beschäftigt sich mit der Natur des Menschen und den daraus abgeleiteten ethischen, gesellschaftlichen und ordnungspolitischen Konsequenzen. Die traditionsreiche Naturrechtslehre reicht von der klassischen Antike, über eine christliche-protestantische und -katholische Lehre hin zu einem modernen, aufklärerischen Verständnis. Allen gemeinsam ist gemäss Dr. René Roca die Ansicht, dass Menschen frei und gleich seien, der Mensch ein Gemeinschaftswesen ist, Formen des Widerstandsrechts bestehen und der Mensch eine Anlage zum Guten besitzt. Somit ist die Naturrechtslehre darauf bedacht, jeweils einen Ausgleich oder eine Balance zwischen Tradition und Fortschritt, zwischen dem Individuum und der Gemeinschaft, sowie auch zwischen Volkssouveränität und Menschenrechten respektive Völkerrecht zu schaffen. Bekannt sind etwa aus der katholischen Soziallehre die vermittelnden Prinzipien Personalität, Solidarität und Subsidiarität. Das Naturrecht ist immer personal und versteht den Menschen als schöpferisch-gestaltendes Wesen.

Zusammenhang zwischen Naturrecht und direkter Demokratie

Politisch konkretisiert wurde das Naturrecht beispielsweise im Rahmen der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung oder in der französischen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte. Aber auch die fruchtbare Verbindung zwischen den alteidgenössischen Traditionen und Elementen der Französischen Revolution während der Bundesstaatsgründung der Schweiz können dem Naturrechtsgedanken und seinen Bezügen zum Genossenschaftswesen zugeschrieben werden. Fast alle diesbezüglich bedeutenden Denker bezogen sich auf das Naturrecht, in der Schweiz insbesondere Emer de Vattel – vorgestellt durch Moritz Nestor - und etwa Wilhelm Snell. Nach René Roca führt das Naturrecht fast zwangsläufig zu freiheitlichen und bottom-up Strukturen sowie zu Rechtsstaatlichkeit. Demokratisierung und Partizipation müssen konsequenterweise die Folge sein und meinen die Befähigung oder auch Handlungsfreiheit zu eigenverantwortlich rationaler Praxis. Es bedeutet Mitgestaltung im Sinne des Gemeinwohles. Das naturrechtliche Gemeinwohldenken und seine Bezüge zur Demokratietheorie stellte Dr. Christian Machek vor. Zusammengefasst scheint das Naturrecht ein genossenschaftlich-republikanisches System mit möglichst direkter Beteiligung der Bevölkerung nahezulegen, welches auf Ausgleich und Balance ausgelegt ist, relational und personal funktioniert und den Menschen und menschliche Gemeinschaft als ganzheitlich anerkennt sowie ins Zentrum stellt.

Resümee und Zusammenfassung von Urs Vögeli

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