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Open debate Zofingen

Open debate Selbstbestimmungsinitiative und Menschenrechte

Unser hochkarätiges Podium verlief wie erhofft kontrovers. Die steile These, ob die Selbstbestimmungsinitiative und Menschenrechte Gegensätze oder eben doch Ergänzung seien, vermochte zu mobilisieren und hat eine gute Diskussion entfacht. Lesen Sie hier die für unser Forum relevantesten Thesen und Aussagen von unseren Gästen.

 

Thomas Burgherr

Nationalrat Thomas Burgherr (SVP AG) verteidigte selbstredend die Initiative seiner Partei und betonte dabei die direkte Demokratie, die wieder gestärkt werden müsse. Zur direkten Demokratie gehört für ihn auch das Milizsystem der Schweiz. Politische Entscheidungen sollen möglichst nah bei den Betroffenen diskutiert und getroffen werden. Somit ist die Initiative als ein Plädoyer für das Subsidiaritätsprinzip zu verstehen. So sei zum Beispiel das Thema Überregulierung massgeblich davon geprägt, dass immer weiter weg von den Menschen und auch Unternehmen Gesetze und Vorgaben beschlossen würden. Dies wolle man korrigieren. Darüber hinaus war er der Meinung, dass einerseits die Initiative explizit die elementaren Menschenrechte schütze (zwingendes Völkerrecht), andererseits unsere Verfassung selber ein mehr als hinreichendes Mass an Menschenrechtsschutz gewährleiste.

 

Open debate Selbstbestimmungsinitiative und Menschenrechte

Cédric Wermuth

Umgekehrt war natürlich Nationalrat Cédric Wermuth (SP AG) gegen die Initiative, weil sie unter anderem den Menschenrechtsschutz torpediere. Menschenrechte sollen vor dem Staat schützen, wofür es seiner Ansicht nach internationale Gerichte brauche. Falls es Konflikte zwischen Landesrecht und Völkerrecht gebe, müsse man diese Spannungen zwischen den Rechtsebenen aushalten können, wenn man auf einer eigenständigen Position der Schweiz beharren wolle, was heute schon möglich sei. Für ihn war klar, dass sich Menschenrechte dynamisch weiterentwickeln müssen und werden, sowie Recht sich generell weiterentwickle.

 

Katharina Fontana

Dies kritisierte Dr. Katharina Fontana (Gerichtsjournalistin) denn auch, dass die Menschenrechte durch internationale Richter immer weiter ausgedehnt würden. Es wurde auch ein gewisses Selbstverständnis solch internationaler Richter hinterfragt. Diese Überdehnung steht in Konflikt zur Idee eines zentralen Menschenrechtsschutzes. Verschiedene andere Experten und Professoren haben denn auch diese Inflation, d.h. Abwertung des Begriffs Menschenrechte beklagt. Frau Fontana erwähnte zudem, dass sich die Menschenrechte mehr zu Anspruchsrechten gegenüber dem Staat entwickelt hätten, was noch wenig mit dem Ursprungsgedanken der Menschenrechte, d.h. dem Schutz vor dem Staat zu tun habe. Sie pflichtete jedoch Wermuth bei, dass wir es heute in der Schweiz selber in der Hand hätten, Spannungen mehr auszuhalten und nicht vorauseilend Klein bei zu geben. Schliesslich seien es beispielsweise die eigenen Bundesrichter gewesen, die mit einem umstrittenen Urteil die Europäische Menschenrechtskonvention EMRK über die Verfassung gestellt hätten, was doch sehr aussergewöhnlich zu werten sei.

 

Open debate Selbstbestimmungsinitiative und Menschenrechte

Robert Nef

Als liberaler Denker setzte Robert Nef (Liberales Institut) die Frage in den Raum, wer denn heute bei uns in der Schweiz Verfassungsgeber sei. Er stellte zudem fest, dass die Frage, die die Selbstbestimmungsinitiative zu klären versuche eine Pendenz sei seit der neuen Bundesverfassung 1999. In Bezug auf die Gewaltenteilung waren seine Aussagen klar. Richter sollen rechtsanwendende Behörden sein, die selber kein Recht schaffen. Das Recht müsse durch die Legislative gesetzt und weiterentwickelt werden; seiner Meinung nach – wie Thomas Burgherr das ebenfalls postulierte – möglichst nahe bei der betroffenen Bevölkerung. Denn Menschenrechte sollen intrinsisch entstehen und motiviert sein, und eben nicht extrinsisch aufgepfropft werden. Beispielhaft erwähnte Nef, dass die offene Stimmabgabe in unseren Landsgemeinden und Gemeindeversammlungen den UN-Menschenrechten widerspreche. Eine solche Frage müsse jedoch mit dem nötigen kulturellen und historischen Kontext geklärt werden und nicht international.

 

Besten Dank an Philippe Pfister (Zofinger Tagblatt) für die Moderation und François Baeriswyl vom Ochsen Zofingen.

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