Die These, dass Selbstbestimmung und Menschenrechte zusammengehören und sich sogar gegenseitig schützen, mag keck wirken in Anbetracht dessen, dass heute vor allem die Gegensätze dieser Konzepte betont werden. Jene die die Gegensätze hochstilisieren verkennen, dass Demokratie und Menschenrechte gemeinsame historische Wurzeln und einen inneren Zusammenhang haben. Diese Abhängigkeit zwischen Selbstbestimmung und den Menschenrechten führt zu einer gegenseitigen Optimierung.
Bei der Diskussion der Selbstbestimmungsinitiative im Parlament hat man leider die Gelegenheit verpasst, einen zentralen Aspekt einer vertieften Diskussion zu unterziehen. Einer der Gründe, die den Anstoss zur Initiative gegeben haben, ist die teilweise bedenkliche Entwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Er hat im Laufe der Zeit live-style-Menschenrechte geschaffen, die mit dem ursprünglichen Ziel der EMRK unvereinbar sind.
Die Definition der Menschenrechte gehört selbstverständlich in eine nationale Verfassung. Weshalb? Auf internationaler Ebene wird bestimmt, was bezahlt werden muss, auf nationaler Ebene muss dies bezahlt und vor allem durch Steuern finanziert werden. Damit wird eines der grossen Prinzipien des Staatsrechts und des Demokratieverständnisses seit der Magna Charta 1215 und der Sezession der Vereinigten Staaten von England 1776 verletzt: no taxation without representation.
Unser hochkarätiges Podium verlief wie erhofft kontrovers. Die steile These, ob die Selbstbestimmungsinitiative und Menschenrechte Gegensätze oder eben doch Ergänzung seien, vermochte zu mobilisieren und hat die Diskussion entfacht. Lesen Sie hier die für unser Forum relevantesten Thesen und Aussagen von unseren Gästen.
Im Rahmen aktueller Debatten zur EMRK, allgemein zum Thema Völkerrecht und Menschenrechte, aber auch wenn es um direkte Demokratie, Souveränität oder Selbstbestimmung geht, wird fast von allen Lagern das Gegensätzliche zwischen den Konzepten Demokratie und Menschenrechten betont.
Sind dies aber wirklich Gegensätze oder einfach nur Spannungen, die ausgeglichen und moderiert werden müssen und können? Oder gehören Demokratie und Menschenrechte sogar zusammen als zwei Seiten derselben Medaille?
Die Menschenrechte zählen heute zu den am wenigsten verstandenen Begriffe auf dem politischen Marktplatz. Sie sind zu einer Waffe der Linken gegen Liberale geworden, um die Macht des Staates zu vergrössern, die Rechte der Bürger zu verringern und die Demokratie zu schwächen. Die Menschenrechte bezwecken jedoch genau das Gegenteil: Sie sollen die Macht des Staates beschränken, dem Bürger weitgehende Rechte gewähren und die Demokratie stärken. Was ist schiefgegangen?
Menschenrechtserklärungen dienen dem Zweck, Gesetzgebern eine Handlungsanleitung für eine friedliche, freiheitliche und prosperierende Gesellschaft an die Hand zu geben, in der das Individuum geschützt wird. Was jedoch, wenn diese Anleitungen fehlerhaft sind?
In der gesellschaftlichen Debatte gilt es als ausgemacht, dass Menschenrechte mit dem «Top-down»-Ansatz am besten geschützt werden können. Die «Bottom-up»-Demokratie könne hingegen die Menschenrechte gefährden. Doch ist diese Darstellung zutreffend?
Vier arrivierte Experten und ein engagiertes Publikum diskutieren in Bern über das Zusammenspiel von Demokratie und Menschenrechten. Wie können Menschenrechte besser legitimiert werden? Sind die Europäischen Menschenrechte eine «Diktatur» oder ein politisches «Rückgrat»? Soll die Politik oder die Jurisprudenz es richten? Die Meinungen gehen auseinander.
Die Gleichzeitigkeit des Auftretens und der innere Zusammenhang von Demokratie und Menschenrechten verlangt womöglich nach einem gemeinsamen und vielleicht versöhnlichen Verständnis von Menschenrechten und demokratischer Selbstbestimmung.