· 

Open debate Liestal

Ein weiteres Mal inspirierten uns vier brillante Persönlichkeiten mit einer Diskussion zum Thema «Selbstbestimmungsinitiative und Menschenrechte – Gegensätze oder Ergänzung?». Frau Stadträtin Regula Nebiker betonte und öffnete mit ihrem Grusswort sogleich den heute mehr denn je notwendigen Raum für offene Diskussionen und neue Ideen. Wie gewünscht regte das Podium zum Mitdiskutieren und Weiterdenken an.

Martin Schubarth

Alt-Bundesrichter und Professor Martin Schubarth sprach ohne eine Blatt vor den Mund zu nehmen über die Probleme der heutigen Menschenrechtspolitik. Er gilt insbesondere als Kritiker des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR), der über die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) wacht. Heute würden in solchen Gerichtshöfen nicht mehr die elementaren und auch unhinterfragten Menschenrechte oder gar eklatante Menschenrechtsverletzungen im Vordergrund stehen, sondern eine exzessive und in Detailfragen hineinwirkende Weiterinterpretation der ursprünglichen Konvention. Dies liege beispielsweise daran, dass fast ausschliesslich Rechtstheoretiker und nicht Richter aus der Gerichtspraxis in solchen internationalen Gerichtshöfen arbeiten. Volksinitiative können hier für solche Probleme sensibilisieren und die nötige Diskussion auslösen, so auch die Selbstbestimmungsinitiative.

Beat Kappeler

Dr. Beat Kappeler war darüber hinaus der Meinung, dass die Initiative die bewährte Schubert-Praxis stärken könnte. Diese Rechtspraxis anerkennt, dass neuere Entscheidungen, älteren vorgehen, auch gegenüber internationalen Abkommen. Dies insbesondere dann, wenn internationale Organisationen und Gerichte die ursprünglichen Abkommen und Abmachungen eigenwillig weiterentwickeln und auslegen, gleichzeitig aber innenpolitisch und demokratisch neuere Entscheidungen vorliegen. Die Initiative führe demnach nicht zu Unsicherheit, da das Völkerrecht und die Menschenrechte nicht generell und umfassend in Frage gestellt werden, sondern eben nur im Konfliktfall, nach vorgängiger umfassender und demokratischer Debatte. Die Schweiz sei nie ein fixes, vorstrukturiertes und geplantes Gebilde gewesen, sondern ein Staat auf Wanderschaft. Wenn sie das weiter bleiben wolle, müssen auch neuere demokratische Entscheidungen älterem internationalem Recht vorgehen.

Eric Nussbaumer

SP-Nationalrat Eric Nussbaum war hingegen der Auffassung, 

dass die Selbstbestimmungsinitiative die Verlässlichkeit der Schweiz als Partner und die Rechtssicherheit gefährde, weil sie insbesondere zu vage formuliert sei. Sie sei auch keine echte Lösung. Er erläuterte, dass heute das internationale Recht schon demokratisch legitimiert sei. Abkommen mit Verfassungsrang unterliegen dem obligatorischen Referendum, Abkommen mit Gesetzesrang dem fakultativen Referendum, technische Abkommen darf der Bundesrat eigenständig abschliessen. Somit sei der Gegensatz zwischen Völkerrecht und direkter Demokratie bereits aufgelöst. Die Menschenrechte müssten aber zwingend geschützt werden.

Thomas de Courten

Dies bestätigte Nationalrat Thomas de Courten von der SVP mit Verweis auf den Initiativtext, der das zwingende Völkerrecht, d.h. die elementarsten Menschenrechte explizit ausnimmt und schützt. Zudem seien in unserer eigenen Bundesverfassung mehr Menschen- und Grundrechte gesichert, als in internationalen Konventionen. Die Schweiz bleibe ein verlässlicher Partner und die Rechtssicherheit würde durch eine Stärkung der direkten Demokratie sogar besser gewährleistet, weil die direkte Demokratie die Legitimität und Akzeptanz von politischen Entscheiden erhöht. Diskussionen wie diese hier sollen entscheidend sein für politische Weichenstellung, nicht von der Bevölkerung weit entfernte Richtergremien.

Diskussion mit dem Publikum

In der Publikumsdiskussion kam die Frage auf, ob wir denn nicht schon heute die politischen Mittel hätten, um beispielsweise problematische internationale Entscheidungen entweder anzufechten oder weniger zu beachten. Das Podium meinte generell ja, sie würden aber nicht genutzt. Zudem wurde der Ruf laut nach mehr Bürgernähe auf allen Ebenen und nach verständlicheren und praxisbezogenen Entscheidungen und Regeln. Wir dürfen uns aber auf alle Seiten nicht einem Fatalismus hingeben, dass wir ausgeliefert seien und nichts tun könnten. Das Schicksal liege in unseren Händen.

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Rene Baron (Montag, 04 Juni 2018 14:12)

    Mir scheint die ganze Debatte ist a) zu überaltert und b) zu parteipolitisch.
    Die Demokratie sollte vor allem durch die Jungen mitbestimmt werden welche die Konsequenzen zu tragen haben. Zudem muss man sich schon auch einmal die Frage nach dem Sinn und Zweck der Parteien stellen, wenn die Technologie jede einzelne Meinung beachten kann und damit die Meinungskonsolidierung in Parteien überflüssig macht. Wenn die Demokratie von Politikern diskutiert wird wirkt die Diskussion zu voreingenommen. Das wäre so als müsste die OelLobby Windenergie diskutieren.